Klaus Zylla
Künstlerischer Lebenslauf
1953 Klaus Zylla wird im Brandenburger Cottbus geboren.
1973 Der 20-Jährige beendet seine Ausbildung zum Baufacharbeiter mit Abitur.
1974-1975 Er wird zum Wehrdienst eingezogen. Dort beginnt er, anonym, mit der Anfertigung von Karikaturen von Obrigkeiten und Offizieren. Sie erfreuen sich großer Beliebtheit unter den Wehrdienstlern und werden zwischen diesen herumgereicht. Er gestaltet die Entlassungszeitung der Soldaten mit Karikaturen der Entlassenen.
1975-1976 Zylla studiert Baustoffverfahrenstechnik an der Hochschule für Architektur und Bauwesen in Weimar. In der Studienzeit fertigt er Daumenkinos mit karikativ anmutenden Szenen, die bei seinen Kommilitonen Verbreitung finden. Nach dem Beginn seines Studiums, schält sich schnell heraus, das es nicht seinen Neigungen entspricht, daraufhin folgt die Exmatrikulation.
1977-1980 Arbeit als Siebdrucker in einer Werbewerkstatt. Erhebliche Bemühungen seinerseits ermöglichen ihm ein paralleles Abendstudium an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee, es entstehen erste Werke im künstlerischen Siebdruck.
Zyllas "Fragmente eines Höllentagebuches",
A.R. Pencks "Lyrik", "Weiße Nächte"
1978 Seine erste Ausstellung findet in der HAB (Bauhaus-Universität Weimar) statt. Die positiven Kritiken bestärken Zylla darin, sich ganz der Kunst zu widmen.
1980-1982 Vollzeitstudium an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Die Dozenten der politischen Fächer sind Systemanhänger, die auf Grund der unmittelbaren Nähe zu Westberlin als kommunistische Agitatoren eingesetzt sind. 1982 wird ein Senatsrundgang angekündigt, zu welchem Studenten ihre Arbeiten vorstellen sollen. Um ein Zeichen zu setzen, zerstört Zylla sämtliche Arbeiten und stellt, zum Entsetzen aller, die Trümmer seiner Werke auf einem Haufen aus. Daraufhin lässt er sich exmatrikulieren.
1982-1984 Zylla wird Leiter der Siebdruck-Werkstatt an der Hochschule für Bildende Künste Dresden. Zahlreiche graphische Arbeiten und Siebdrucke entstehen, beflügelt von der brodelnden Dresdner Künstlerszene und intensiven Studien und Analysen der alten Meister im Dresdner Kupferstich-Kabinett. | Es entsteht Kontakt zu Robert Rehfeldt, der in der DDR ein großes internationales Netz von Mail-Art-Künstlern aufbaute. Die Arbeit in der Werkstatt ermöglicht es Zylla, erste illegale Drucke für Mail-Art-Künstler zu fertigen.
Zylla in Berliner Siebdruckwerkstatt
1984 Der Künstler regt den Aufbau einer Siebdruck-Werkstatt für den Verband Bildender Künstler der DDR an. Das Projekt verzögert sich um ein Jahr, in dem er im Institut für Baugebundene Kunst eine Siebdruck-Werkstatt aufbaut.
1985 Intensive Beschäftigung mit Karikaturen, Gast im Verband Bildender Künstler, Sektion Karikatur. Es ist ihm endlich möglich, eine eigene Werkstatt in Berlin-Friedrichshain aufzubauen. Als Ein-Mann-Betrieb eröffnet sich damit die für ihn größtmögliche künstlerische Freiheit, wie sie zur Zeit der DDR überhaupt möglich war, mit dem Ergebnis, dass er sich als einer der gefragtesten Siebdrucker unter den Künstlern der DDR etabliert. Neben der Druckgraphik widmet er sich immer mehr der Malerei. Im selben Jahr wird er aus Anerkennung für seine Leistungen als Druckgraphiker in den Verband Bildender Künstler aufgenommen. Nach Studien und Tests fertigt er erste Künstlerbücher im Siebdruckverfahren für Künstler, die Schwierigkeiten haben, ihre Arbeiten in der DDR zu veröffentlichen.
1985-1990 Arbeit als Druckgrafiker im Verband Bildender Künstler in der eigenen Siebdruck-Werkstatt in Berlin. Veröffentlichung illegaler Künstlerbücher, die er unter dem Pseudonym „Bazillus“ herstellt.
1986 Befruchtet von der kreativen und intellektuellen Szene am Prenzlauer Berg, die die Grenzen der Legalität auslotet, nutzt Zylla Fehldrucke und Siebe aus seiner Werkstatt für eigene künstlerische Arbeiten. | Geburt der Tochter Caroline.
Verbotene Ausstellung im Lusiada 1989
1987-1989 Teilnahme am grenzübergreifenden, illegalen Künstlerprojekt "Fuck Art" gebunden in Leder. Ost- und Westkünstler wollen, über die Mauer hinweg, ein gemeinsames Künstlerbuch fertigen. Auch ausgesiedelte Künstler wie A.R.Penck, Helge Leiberg und Wolfram A. Scheffler nehmen teil. Die Werke der in Westberlin Lebenden werden als Klarsichtfolien von einem Kurier in den Osten geschmuggelt und bei Zylla abgeliefert, dieser fügt seine eigenen Folien sowie die anderer Ostkünstler hinzu und fertigt die Siebdrucke an. Christoph Tannert bringt die vollendeten Seiten zur Unterschrift in den Westen, worauf sie, als letzte Station, nach Ostberlin zum Binden gebracht werden.
1988 Fertigung kleiner Unikat-Künstlerbücher mit Texten von Bert Papenfuß und Stefan Döring. Darauf hin entsteht das unter Pseudonym veröffentlichte Künstlerbuch „Vieh-Guren“. | Zylla veröffentlicht Beiträge für das original-grafische Künstlerprojekt Entwerter/Oder.
1989 Im September des Jahres schmuggelt Klaus Zylla Arbeiten auf Papier für eine illegale Ausstellung im portugiesischen Restaurant Lusiada, am Eisernen Vorhang vorbei nach West-Berlin. An der Grenze kontrolliert ein Grenzer die Papierrolle mit den Arbeiten und sagt nur: "Aha Kinderzeichnungen, gehn se weiter". Durch eine Anzeige in der TAZ fliegt das Projekt auf, nur die Maueröffnung am 9. November 1989 bewahrt den Künstler vor einem Disziplinarverfahren und dem drohenden Ausschluss aus dem Verband der Bildenden Künstler. Direkt am folgenden Tag reist Zylla zu Freunden nach Amsterdam und erlebt nun endlich die Welt der CoBrA-Kunst an ihrem Ursprung. Alles, was ihm zu DDR-Zeiten verwehrt war, holt er nun nach, dem politischen Aufbruch folgt sein persönlicher. | Geburt des Sohns Paul.
10.11.1989 bei Gerard und Maya in Amsterdam
Die eruptive künstlerische Bewegung der frühen Nachkriegsjahre CoBrA mag die letzte Station von Inspiration aus der Kunstgeschichte gewesen sein, die Klaus Zylla in seine Arbeiten aufnimmt. Aus ihr findet er zu seiner eigenen Bildsprache.
1990 Auf Einladung der französischen Regierung reist der Maler, als einer der ausgewählten "Künstler des Untergrunds", für die Ausstellung "Kunst hinter der Mauer" zum La Villette in Paris. | Beginn Vertretung durch Galerie Sophien Edition. | Der französische Regisseur Gérard Courant nimmt ein Video-Porträt von Klaus Zylla auf.
1991 Erste Ankäufe grafischer Werke durch die Berlinische Galerie. | Erste Übersee-Ausstellung im Goethe-House in New York. | Beginn Vertretung durch Galerie Johannes Zielke, sowie Galerie Kunst & Beterschap in den Niederlanden.
"man bemythe sich" am Alexanderplatz
1992 Teilnahme und Auswahl beim Wettbewerb "Kunst statt Werbung" im U-Bahnhof Alexanderplatz. | Beginn Vertretung durch Galerie Imkabinett.
1993 Der Maler erhält den Kunstpreis der Grundkreditbank (heute Volksbank), Aufnahme in die Sammlung Stiftung KUNSTFORUM der Berliner Volksbank. Beginn der Zusammenarbeit und Freundschaft mit dem Galeristen und Künstlerbuch-Verleger Thomas Günther: Im Laufe von 25 Jahren entstehen mehr als 100 Künstlerbücher. Bei einer Ausstellung Zyllas in Günthers "Galerie auf Zeit", trifft er den späteren Georg-Büchner-Preisträger Oskar Pastior, der dort am selben Tag eine Lesung von "Eine kleine Kunstmaschine : 34 Sestinen" gibt. Bei der After-Party wird gefeiert, Zylla und Pastior vereint die gemeinsame Liebe zum Grotesken, es entsteht die Idee einer Zusammenarbeit. Durch Günther wird die "Edition Dschamp" geschaffen und "Dschamp 1" wird mit Texten Pastiors und Illustrationen Zyllas gefertigt. | Mitgliedschaft im BBK und Mitglied im Kunstverein „Herzattacke“. | Beginn der Vertretung durch die GALERIE BERLIN sowie Galerie auf Zeit.
1999 Fine Arts Museums of San Francisco
erwerben "Die Irren - Die Häftlinge"
1994-2006 Einladung, 3 Monate im Atelier des Goetheinstituts in Brüssel zu arbeiten. An Abenden zeichnet er in einer naheliegenden Kneipe im Tausch für das Abendessen und Getränke Karikaturen von Gästen. | Über den gemeinsamen Freund Thomas Günther lernt Klaus Zylla im Berliner Ensemble den Dramatiker und Georg-Büchner-Preisträger Heiner Müller kennen. Die Zusammenarbeit an "Ajax zum Beispiel" beginnt, kurz vor der Fertigstellung und der geplanten Prämiere, verstirbt Heiner Müller. Thomas Günther trauert, Zylla ist im Schock und legt das Projekt zur Seite. 12 Jahre später findet er es in seinem Archiv wieder. 2006 wird "Ajax zum Beispiel" nach mehr als einem Jahrzehnt, mit Begleitwort von Egon Günther, veröffentlicht. Die Buchpremiere findet im Bertolt Brecht-Haus mit einer Lesung durch Daniel Minetti statt. | Zylla veröffentlicht Beiträge für die Literatur- und Kunstzeitschrift Herzattacke.
1995-1996 Erster längerer Aufenthalt in Portugal. Beginn mit Keramikarbeiten in einer der ältesten Keramik-Werkstätten Portugals in Mafra: Erste keramische Pyramiden entstehen als Hommage an Hermann Fürst von Pückler-Muskau. | Ab 1996 jährliche Ausstellungen in Porto, Lissabon und an der Algarve mit Malerei, Grafik und Keramik.
1996-1997 Klaus Zylla und A.R. Penck lernen sich beim Arbeiten im Künstlerhaus Bethanien kennen, als beide dort Künstlerbücher herstellen. Zylla fertigt in Zusammenarbeit mit dem ebenfalls anwesenden, späteren Georg-Büchner-Preisträger Marcel Beyer, die illustrierte Erstveröffentlichung "Brauwolke" an. | Als Ernst Jünger Zylla's Künstlerbuch "Vom Mitmenschen" anschaut, ist er so begeistert, dass er mit dem Ausspruch: "Das ist ja schwerer Tobak!"
einer Zusammenarbeit mit Klaus Zylla zustimmt. Es entsteht "Weiße Nächte" und 1997 ist Buchpremiere, mit Lesung des Schauspielers Ben Becker. Ebenfalls entsteht gemeinsam mit seinem Freund, dem späteren Ingeborg-Bachmann-Preisträger Peter Wawerzinek, "Fallada ich zucke". | Beginn Vertretung durch Galerie Lutz Fiebig.
1997 Die Museen Würth beginnen mit dem Aufbau der Sammlung "Klaus Zylla" mit umfangreichen Ankäufen von neuen Werken. | Teilnahme an der Kunstaktion "Privat", im U-Bahnhof Alexanderplatz, der Neuen Gesellschaft für Bildende Kunst. | Beginn Zusammenarbeit mit Galerie Swiridoff. | Geburt der Tochter Emma.
Einladung, im Europaparlament in Brüssel auszustellen. Gemeinsam mit seinem Freund Bernhard F. reist Zylla zur Vorbereitung an, doch es gibt keine Leiter, deshalb müssen sie die Bilder per Räuberleiter aufhängen. Am Tag der Austellungseröffnung stellt sich heraus, dass die an diesem Tag stattfindende Sitzung, ironischerweise, kurzfristig nach Straßburg verlegt wurde.
1998 Beginn Vetretung durch Galerie Zähringer in der Schweiz.
Bei Ausstellung mit Kanzler Gerhard Schröder
2000 Erste Pulp Paintings enstehen im Künstlerhaus Bethanien in Berlin Kreuzberg. | Der spätere Georg-Büchner-Preisträger Wolfgang Hilbig fragt spezifisch nach, ob Klaus Zylla zur Künstlerbuch-Illustration eines Werks bereit wäre. In Zusammenarbeit wird "Der Durst" gefertigt. | Beginn der Vertretung durch Galeristen Antonio Prates (bis 2008) in Lissabon und der Galleri Astley in Schweden.
2001 Auf Wunsch seines Freundes, des Schriftstellers Karlheinz Deschner, beginnt er die Illustration zu dessen Werk "Die Nacht steht um mein Haus". | Vertretung durch die Galerie Fabrica das Artes in Portugal. | Geburt des Sohns Ferdinand.
2003 Anfang Beschäftigung mit der Herstellung von Masken.
2004 Er wird von dem Projekt "Art at Nittardi" ausgewählt, das diesjährige Etikett Ihres Weins zu gestalten, genau 11 Jahre nach A.R. Penck und 1 Jahr vor Yoko Ono. Es ist eine besondere Ehre für den Maler, in die Fußstapfen seines Vorbildes Guillaume Corneille treten zu dürfen. | Teilnahme an der Kunstauktion von Roundtable 5 zu Gunsten benachteiligter Kinder und Jugendlicher. | Beginn der Vertretung durch DIE Galerie und Galerie Falkenberg.
2005 Teilnahme am Kunstprojekt der B.Z., "Künstler BZ" als einer von 32 ausgewählten Künstlern (mit Georg Baselitz, Markus Lüpertz, Johannes Grützke u.a.).
2007 Beitrag zur Kunstauktion des Pergamonmuseums, zugunsten des Socio-Medical Centers im Libanon. | Beginn Vertretung durch Galerie Belo Belo in Portugal.
2011 Beginn Zusammenarbeit mit Galerie Casper.
2015 Erste Bemalung von Weintanks in Fattoria Nittardi, Toskana, Italien, später auch in Argentinien und Deutschland.
2019 Beginn der Veröffentlichung von Karikaturen in der, alle 14 Tage erscheinenden, Kolumne "Unterm Strich" der Berliner Zeitung, zusammen mit Texten von Wawerzinek. | Anfang der Beschäftigung mit dem Material Torf. Mit dem ersten Werk der Torfbild-Serie unterstützt er das Denkmalprojekt "Sophia Hedwig von Pommern". | Teilnahme am Kunstprojekt "Aufbruch Herbst 89" zum 30-jährigen Jubiläum des Mauerfalls (Hier zum Audiointerview)
Heute lebt und arbeitet der Künstler in Berlin, Loitz und Portugal, seine Arbeiten werden dem Neo-Expressionismus zugeordnet, Kunstkritiker bezeichneten ihn auch als Expressionistischen-Dadaisten.
"Mit seiner Arbeit in der Tradition von CoBrA [...] und der "Art Brut", sind Zyllas übertrieben gestaltete Charaktere gleichzeitig stark und entblößt, gewalttätig und chaotisch, skurril und energisch."